US-Justiz

04.05.2015

Your home, but not your castle
Der lange Arm der US-amerikanischen Justiz

Jan K. Schäfer, Partner King & Spalding LLP

Wegen der bisweilen extensiven Annahme von Zuständigkeiten der US-Gerichte finden sich deutsche Unternehmen, die Geschäfte mit oder in den USA machen, oftmals unverhofft in US-Prozessen wieder. US-Gerichte sind dafür bekannt, die internationale Zuständigkeit für Klagen an sich zu ziehen, selbst wenn diese nur einen marginalen Bezug zu den USA aufweisen. Sie tendieren insbesondere dann
zu einer weit ausgelegten Annahme ihrer Zuständigkeit, wenn dies dem Schutz von US-Unternehmen dient. Diese Haltung ist Grund für einen seit Jahrzehnten schwelenden deutsch-amerikanischen Justizkonflikt, der in der Praxis noch nicht befriedigend gelöst ist.

In den letzten Jahren ist in der US-Gerichtslandschaft zwar ein – aus deutscher Sicht – positives Umdenken hin zu einer restriktiveren Handhabung der internationalen Zuständigkeit festzustellen. Die Möglichkeiten, in einen Prozess hineingezogen zu werden, bleiben aber mannigfaltig. US-Zivilprozesse sind im Vergleich zu deutschen Gerichtsverfahren zeitintensiv und teuer. Insgesamt herrscht eine aggressivere Streitkultur, als wir sie in Deutschland kennen.

Besonders gefürchtet sind bei deutschen Unternehmen die so genannten Sammelklagen („Class Actions“), in denen Klägeranwälte gezielt Betroffene ansprechen, um eine große Gruppe von Klägern zusammenzustellen und exorbitante Schadensersatzsummen aufzurufen. Selbst im Falle einer eher
aussichtslosen Klage genügt in vielen Fällen wegen des damit einhergehenden öffentlichen Drucks bereits die Zulassung einer Sammelklage, um Unternehmen zum Abschluss eines kostspieligen Vergleichs zu bewegen.

Unser Gastreferent stellt zunächst die aus deutscher Sicht gefährlichsten „Folterinstrumente“ des US-Prozesses dar. Neben den Sammelklagen sind dies insbesondere Jury Trials und die exorbitanten Möglichkeiten der Schadensberechnung im US-Prozess.

Darüber hinaus erfahren Sie anhand konkreter Beispiele, ob die internationale Zuständigkeit von US-Gerichten passend mit dem Motto „The world is not enough“ beschrieben ist. Schließlich geht es um den fundamentalsten Unterschied zu unserer Rechtsordnung: Da im US-Prozess Urteile aufgrund der „objektiven Wahrheit“ getroffen werden, sind die einer Streitigkeit zugrundeliegenden Fakten vollständig aufzuklären. Das geschieht in Form eines „Pre-Trial-Discovery“ und ist für deutsche Unternehmen alles andere als „business as usual“.