Donnerstag, 12. Juli 2018
„Seit dem 25. Mai herrscht Panik“
DATENSCHUTZ
Der Beauftragte der Regierung kann EU-Gesetz auch nicht erklären
Von Sonja Jordans
DARMSTADT. DSGVO – fünf Buchstaben, die vielen Menschen Angst machen. Angst, abgemahnt zu werden und Angst, gegen ein Gesetz, nämlich die neue Datenschutzgrundverordnung, so die sperrige Bezeichnung der Buchstaben, zu verstoßen. „Seit 25. Mai herrscht allgemeine Panik“, weiß auch Hessens Datenschutzbeauftragter Michael Ronellenfitsch. Seit diesem Tag hat die neue Datenschutzgrundverordnung der Europäischen Union Geltung in deren Mitgliedsländern erlangt. Seitdem laufen die Telefone beim Beauftragten heiß.
Nicht nur Vereinsvorsitzende, die unsicher sind, wen sie auf den Fotos ihrer Sommerfeste zeigen und Fotografen, die sich fragen, wen sie abbilden dürfen, wissen nicht so recht, was sie mit dem 80 Seiten starken Gesetz anfangen sollen. Auch Juristen müssen sich mühsam durch die Verordnung arbeiten. Sie stehen „vor der ungeklärten Frage, was das genau für mich im Arbeitsalltag heißt“, formuliert es ein Rechtsanwalt. Um wenigstens ihm und anderen Juristen den Umgang mit den neuen Regelungen zu erleichtern, hat die Darmstädter Juristische Gesellschaft in die Räume der Industrie- und Handelskammer geladen und Ronellenfitsch ein paar Worte zur DSGVO sagen lassen.
Ronellenfitsch rät Anwälten zur „vorsichtigen Beratung“
Konkrete Anweisungen, so steht bald fest, kann jedoch selbst der Hessische Datenschutzbeauftragte den Anwesenden nicht mitgeben. Er rät den Juristen zur „vorsichtigen Beratung“ ihrer Mandanten. Sollten Auskünfte darüber verlangt werden, welchen Daten konkret der Anwalt gespeichert hat, sollte dieser nach dem allgemeinen juristischen Gebot handeln: kommt drauf an. Auf den konkreten Fall, die konkrete Frage, den konkreten Mandanten. Denn das Problem, das betont auch Ronellenfitsch, ist bei einer neuen Verordnung: „Es gibt noch keine Rechtsprechung“
Noch kein Gericht hat entschieden, welches Bußgeld im Fall eines Verstoßes gegen die DSGVO verhängt werden soll – und wann überhaupt ein solcher Verstoß vorliegt.
Dennoch: „Wenn jemand bisher datenschutzrechtlich korrekt gehandelt hat, wird er auch jetzt keine Probleme bekommen“, beruhigt Ronellenfitsch die Anwesenden. Grundsätzlich habe sich im Vergleich zu vorher nicht allzu viel geändert. Das deutsche Datenschutzrecht sei ohnehin recht streng gewesen, und dies sei im Wesentlichen bei der Entwicklung der DSGVO berücksichtigt worden, sagt Ronellenfitsch.
Es gelte schlichtweg: „Bei Datenermittlungen von Personen müssen die Betroffenen benachrichtigt werden“. Das stehe so im Gesetz. Regelungen des Kunsturhebergesetzes kämen der DSGVO ohnehin nicht so in die Quere, wie viele befürchten würden – sagt zumindest Ronellenfitsch. Wer etwa auf Veranstaltungen allgemein „die Menge“ fotografiere, müsse hinterher zumindest laut Ronellenfitsch keine Abmahnungen befürchten. Und wenn auf dem Sommerfest des Tischtennisclubs fotografiert werde, reiche es, per Aushang darauf hinzuweisen. Was allerdings passiert, wenn eine Person nicht fotografiert werden, das Fest aber dennoch besuchen möchte, darauf findet sich an diesem Abend keine Antwort. Überhaupt bleibt vieles im Unklaren – eben, weil die Regelungen neu sind und noch niemand mit möglichen Konsequenzen konfrontiert worden ist.